www.klimaseite.info
Liebe Leserinnen und Leser,
diese Website zu Klimaschutz und Klimawandel versteht sich als Plattform für Informationen. Sie hat keinen Alleinvertretungsanspruch, schließlich gibt es bereits etliche gute Websites mit unterschiedlichen Schwerpunkten für verschiedene Nutzergruppen (siehe Menüleiste „Adressen und Tipps“). Auf dieser Website sind „Meldungen“, Hintergrundberichte und eine monatliche „Klimachronik“ zu finden. Unter „Hintergrund“ werden wissenschaftliche Studien, Gesetze, Techniken oder Best-Practice-Beispiele vorgestellt. Ab und zu wird es auch mal einen Kommentar zum politischen Geschehen geben, wenn mir etwas auf den Nägeln brennt.
Ich betreibe www.klimaseite.info ohne öffentliche oder private Zuschüsse, als Ein-Mann-Unternehmen sozusagen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit und auf Tagesaktualität. Deshalb ist auch kein aufwendiges Layout drin. Die Seite ist bewusst schlicht gehalten. Weil Diskussionen moderiert werden müssen, verzichte ich auf eine Feedbackfunktion. Kritik, Zustimmung oder Lob nehme ich per Mail entgegen. Eingefleischte Klimawandelskeptiker oder -leugner dürften sich auf dieser Website kaum wiederfinden. Allen anderen wünsche ich viel Spaß beim Blättern, Stöbern und Lesen!
Noch ein Hinweis in eigener Sache: Im November 2021 hat der oekom Verlag mein Sachbuch „Deutschland in der Klimakrise - Was versäumt wurde und jetzt zu tun ist“ veröffentlicht (weitere Infos s. unten).
Reinhardt Kleinöder
März 2023
Der Deutsche Wetterdienst verzeichnet für Deutschland einen Temperaturanstieg von 1,7 Grad Celsius seit dem Beginn systematischer Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Die Durchschnittstemperatur des Jahres 2022 betrug 10,5 Grad Celsius wie zuletzt 2018, während das langjährige Mittel 1961 bis 1990 noch bei 8,2 Grad lag: ein deutlicher Trend der Erwärmung.
Der bekannte Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber schlägt als Maßnahme gegen die Erderwärmung vor, die maximal zulässigen CO2-Emissionen pro Bundesbürger auf ein Budget von 3 Jahrestonnen zu begrenzen und einen privaten Emissionshandel zu ermögli-chen.
"Wasseralarm: weniger Grundwasser - weniger Trinkwasser" ... siehe Hintergrund
Kohlendioxid einfangen und als Rohstoff nutzen ... siehe Hintergrund
Was Computer und IT zur Erderwärmung beitragen ... siehe Meldungen
Wie lange reicht unser CO2-Budget? ... siehe Meldungen
Schlimmste Dürre seit über 500 Jahren in Europa ... siehe Hintergrund
Droht Wasserknappheit? Wasser-management notwendig ... siehe Meldungen
Bauboom treibt Flächenfraß und Versiegelung weiter voran ... siehe Hintergrund
Extremwetter in Deutschland - Forschung liefert Fakten ... siehe Meldungen
Gletscherschwund
Quelle:
„Pope, Smith und Kohler schmelzen dahin", Benjamin von Brackel, Süddeutsche Zeitung, 21.02.2022
Kommentare
Ein paar Zahlen ...
Für 2022 prognostiziert das "Global Carbon Projekt", eine weltweite Kooperation von über 100 Wissenschaftlern, globale CO2-Emissionen in Höhe von etwa 40 Mrd. Tonnen, das sind bezogen auf die Erdbevölkerung von inzwischen 8 Mrd. Menschen 5 Tonnen CO2 pro Kopf. Die Deutschen emittieren allerdings mit etwa 11 Tonnen pro Kopf mehr als doppelt so viel.
1950 gaben die Deutschen etwa 50 % ihres Haushaltseinkommens für Nahrungsmittel aus, heute sind es weniger als 10 %.
Immer noch 76,4 % der in Deutschland genutzten Primärenergieträger sind fossilen Ursprungs (Erdöl, Erdgas, Steinkohle, Braunkohle).
Lächerliche 8 Cent Pfand bringt eine normale Mehrweg-Bierflasche ein. Dafür macht kaum ein Flaschensammler den Rücken krumm.
2019 wurden weltweit etwa 460 Mio. Tonnen Plastikmüll produziert, 353 Mio. t landeten im Müll. Nur 10 % der Plastikprodukte werden wiederverwertet, 22 % enden auf wilden Müll-halden oder in der Landschaft.
Konventionell in Deutschland angebaute Äpfel (bzw. die Apfelbäume) wurden 2020 in Durchschnitt 28,2 mal mit Pestiziden besprüht.
Das Schürfen von Bitcoin fraß im Jahr 2021 insgesamt 137 Terawattstunden Strom. Diese Menge entspricht 24 % des deutschen Brutto-stromverbrauchs im gleichen Jahr.
Weltweit dienen 47 Prozent der Getreideernte als Tierfutter, wandern also in die Futtertröge. In Deutschland sind es sogar 58,2 % und hier werden nur 20,2 % zu Lebensmitteln (Brot) und 8,9 % zu Energie.
In Russland brannten im letzten Jahr (2021) 53.600 Quadratkilometer Waldfläche ab; weltweit die größte Fläche, die durch Waldbrände verloren ging.
Die Böden in Deutschland haben sich von der Trockenheit der Jahre 2018-2020 bis heute nicht erholt. Gleichzeitig gab es in diesen drei Jahren jeweils so viele Waldbrände, wie zuletzt im Hitzejahr 2003. Bis Mitte Juli 2022 ist im langjährigen Durchschnitt noch nie so viel Waldfläche verbrannt wie dieses Jahr.
Im März waren auf deutschen Dächern und Grundstücken 2,2 Millionen Photovoltaik-anlagen mit einer Nennleistung von insgesamt 58.400 Megawatt installiert, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Damit nahm die Zahl der Anlagen im Vergleich zum März des Vorjahres um 10,1 Prozent zu.
Eine von der Bundesregierung beauftragte Studie ergab, dass der Klimawandel Deutschland im Durchschnitt jährlich 6,6 Mrd. Euro kostet. Die letzten Jahre von 2018 bis 2021 schlugen mit rund 80 Mrd. Euro allerdings besonders stark zu Buche. Die trockenen und heißen Sommer 2018 und 2019 verursachten Ernteausfälle und Waldschäden in Höhe von 35 Mrd. Euro, die Sturzfluten und Überschwemmungen in 2021 (vor allem an Ahr und Erft) rund 40 Mrd. Euro. Dazu kamen 5 Mrd. Euro an Sturm- und Hagelschäden.
Der größte Windpark der Welt "Hornsea Project 2" mit 1.320 Megawatt Leistung und 165 Windturbinen (Siemens Gamesa) liegt in der Nordsee, etwa 90 km östlich der britischen Küste, vor Yorkshire.
Naturschutzgebiete belegen in Deutschland nur 6,4 % der Landes- und Meeresfläche.
Aktuelles
Die Weltnaturkonferenz in Montreal beschließt, 30 Prozent der Land- und Wasser-flächen bis zum Jahr 2030 unter Naturschutz zu stellen, den Pestizideinsatz zu halbieren und eine finanzielle Unterstützung von 20 Mrd. Dollar pro Jahr bis 2025 für arme Länder im globalen Süden bereitzustellen, wo insgesamt mehr Schutzgebiete und größere Artenvielfalt existieren. Das Ergebnis wird allgemein als Erfolg gewertet, auch von Bundesumwelt-ministerin Lemke, aber es scheint unklar, ob es ausreicht, das Artensterben zu stoppen. Zudem wurde kein einheitlicher Schutzstatus fest-gelegt. Deutschland hat das 30 %-Flächenziel mit seinen Natur- und Landschaftsschutz-gebieten bereits erreicht.
Dreizehn Thesen
Alle sind für Klimaschutz, solange es nicht konkret wird oder sie persönlich betrifft? Tatsächlich scheinen eine Reihe von Fakten bei Medien und Öffentlichkeit noch nicht angekommen zu sein oder habe keine Verhaltensänderungen bewirkt. Das hat seinen Grund.
Dreizehn Thesen zur Klimapolitik heute und morgen:
1. Weder global noch national sind wir auf Kurs zum bereits 2015 in Paris beschlossenen 1,5-Grad-Ziel. Es gibt richtige Ansätze in der deutschen Politik, aber das Tempo der Senkung unseres zu hohen Energieverbrauchs und der Treibhausgase ist viel zu langsam.
2. Wie kommen wir von den 746 Mio. CO2 äq im letzten Jahr bis 2030 auf 440 Mio. CO2 äq herunter? Die deutschen Klimaschutzziele können nur erreicht werden, wenn die relevanten Bundesministerien kooperieren, parteitaktische Überlegungen und Profilierung in der Ampelkoalition zurückstehen und die Zielerreichung als gemeinsames Projekt getragen ist. Derzeit scheint das nicht der Fall zu sein.
3. Der Klimaschutz in Deutschland kann nicht allein Sache des Habeck-Ministeriums sein, sondern ist eine Frage von nationaler Tragweite. Deshalb muss der Bundeskanzler hier qua Richtlinienkompetenz steuern, Konflikte moderieren und notfalls Entschei-dungen treffen. Will er die Ressort-zuständigkeiten nicht antasten, sollte er das Bundeskanzleramt mit der Koordination beauftragen oder regelmäßige Sitzungen eines Klimakabinetts mit Geywitz, Habeck, Wissing, Özdemir, Lindner und Lemke einberufen.
4. Die Klimawende hin zur Klimaneutralität bedeutet im Endeffekt einen tiefgreifenden gesellschaftlichen, politischen und technischen Umbruch, eine Transformation, die die Emissionssektoren Energie, Verkehr, Gebäude, Wirtschaft und weitere betrifft. Die Vollendung der „Energiewende“, die bislang nur im Teilbereich Strom aus erneuerbaren Quellen zufriedenstellend läuft, nicht aber bei Wärme oder bei der Energieeffizienz, reicht bei weitem nicht aus.
5. Die „Klimawende“ besteht also mindestens aus einer Energie- , Verkehrs-, Gebäude- und Agrarwende, wahrscheinlich kann man hier auch die Ernährungs- und Konsumwende ergänzen. Und natürlich den Wandel zu einer nachhaltigen und klimafreundlicheren Wirt-schaft.
6. Diesen Wandel oder Umbruch zügig und möglichst konfliktarm zu gestalten, ist weniger eine Frage neuer Techniken, sondern läuft auf einen Prozess, auf eine politische und gesellschaftliche Transformation hinaus. Es kommt also nicht darauf an, eine neue Technologie, sei es die Wasserstoffnutzung oder in der CO2-Speicherung zu finden oder in der Breite anzuwenden, was nicht heißt, dass wir diese nicht bräuchten. Wer nach einem Technik-Schalter sucht, der den Klimawandel stoppen kann, wird nicht fündig werden.
7. Ohne diese Gesamtsicht, ohne ganzheitliches Denken und Handeln bleibt Klimapolitik Stückwerk, ist kein konsistenter und konsequenter Klimaschutz möglich, weil dann die Zahnräder nicht ineinandergreifen, Synergien ungenutzt bleiben, sich Fach-bereiche und Ressorts gegenseitig behindern oder gar torpedieren. Leider bildet diese missliche Situation aber recht genau die aktuellen Realitäten auf Ebene von Bund Ländern, Kommunen ab, also dort, wo Klima-schutz geplant und umgesetzt wird.
8. In der letzten 20 Jahren war Klimaschutz nichts weiter als ein „nice to have“, es galten andere Prioritäten in der Bundespolitik, weshalb die Reduktion der Emissionen viel zu langsam ging. Weil sich das Zeitfenster für das 1,5 Grad-Ziel wahrscheinlich schon bis 2030 schließt, muss die Geschwindigkeit bei der Reduzierung der Treibhausgase in dieser und der nächsten Dekade in etwa verdreifacht werden. Ignoranz, Versäumnisse, Verzöger-ungen der letzten Dekaden erfordern also zwingend ein Höchstmaß an politischem Mut und Willen in den nächsten Jahrzehnten.
9. Das bedeutet für die öffentliche Hand und die politische Führung, alle Register zu ziehen, alle verfügbaren Instrumente auf Ebene EU, Bund, Land und Kommunen zu nutzen, notwendiges Geld und Personal bereit zu stellen.
10. Information, Öffentlichkeitsarbeit, Appelle an Freiwilligkeit und finanzielle Förderung reichen als Instrumente nicht aus für die notwendige Beschleunigung, wie die Erfahrungen der erfolglosen Klimapolitik der letzten Jahrzehnte und die unzureichenden Fortschritte der Vergangenheit zeigen. Die öffentliche Hand, allen voran die Bundesregierung müssen zusätzlich die regulatorischen Möglichkeiten der Gesetz-gebung ausschöpfen; natürlich auch Verbote, was etwa den Neueinbau von Heizungen mit fossilen Energieträgern angeht oder in Zukunft die Zulassung von benzin- oder diesel-betriebenen PKW.
11. Die Politik muss klimaschädliche Subventionen streichen, weiter Anreize setzen und klimafreundliche Techniken finanziell fördern, muss aber auch untersagen oder klimaschädigende Techniken verbieten. Denn politische Verantwortung zu übernehmen, heißt auch unpopuläre Maßnahmen zu treffen. Das erfordert die Klimakrise, die uns dieses Jahrhundert begleiten wird, ebenso wie die COVID 19 Pandemie, die wir gerade leidlich in den Griff bekommen haben.
12. Dieser Rigorismus ist unpopulär. Weil die Parteien das wissen, hüten sie sich überwiegend davor, den Leuten reinen Wein einzuschenken. Sich vor unangenehmen Wahr-heiten und Fakten zu drücken, Lösungen zu verweigern, wie etwa das Tempolimit und gleichzeitig die Grünen als Verzichts- und Verbotspartei zu brandmarken, verspricht einen höheren politischen Ertrag. Wirksamer und glaubwürdiger Klimaschutz beginnt aber dort, wo Symbol- und Verlautbarungspolitik aufhört. Die letzte Bundesregierung in der Koalition von Union und SPD hatte auch wegen falscher Kompromisse bei Verkehrs-, Energie-, Klimapolitik und mangelnder Weitsicht keinen Bestand.
13. Für die BürgerInnen dieses Landes heißt das, bei den Wahlen genau hinzuschauen und gleichzeitig den eigenen Einsatz für den Klimaschutz zu erhöhen, eine Jahresbilanz der eigenen CO2 Emission zu ziehen, um diese systematisch zu reduzieren; also ebenfalls Verantwortung zu übernehmen, statt die Verantwortung auf Industrie oder Politik abzuschieben. (rk)
Kommentar
Verkehrswende? Nicht mit der FDP!
Aktuelles
Aus für den Knebel-Vertrag
Solarstrom boomt
Der Zubau der Photovoltaik in Deutschland lag 2022 bei 7,2 Gigawatt. Damit hat die Bundesregierung im letzten Jahr bei der Solarstromerzeugung das selbstgesteckte Ziel von plus 7 Gigawatt (GW) erreicht. Insgesamt waren Ende 2022 etwa 2,65 Mio. PV-Anlagen mit insgesamt 66,5 GW Peak-Leistung installiert.
Zu viel Tempo (1)
Laut dem Klimabericht der Weltwetter-organisation (WMO) und des Copernicus Climate Change Service der EU stiegen die Temperaturen in Europa zwischen 1991 und 2021 im Durchschnitt um 0,5 Grad Celsius pro Jahrzehnt an. Damit steigt in Europa die Mitteltemperatur schneller als auf den anderen Kontinenten.
Zu viel Tempo (2)
Die aktuellen Ergebnisse der jahrzehntelangen Messreihen („Keeling-Kurve“) des Mauna Loa Observatoriums auf Hawai sind alarmierend: Die globale CO2-Konzentration steigt in einem noch nie dagewesenen Tempo an.
Zu wenig Tempo
Der fünfköpfige Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung hat seinen Zweijahres-bericht vorgelegt. Ergebnis: Wenn in Deutsch-land weiterhin im selben Tempo Treibhausgase ausgestoßen werden wie bisher, sind die Klimaziele für 2030 nicht erreichbar. Dafür müssten jährlich doppelt so viel Treibhausgase wie im Schnitt der letzten zehn Jahren eingespart werden. Das bisherige Ausbautempo bei Solar- und Windkraft, Wärmepumpen oder der Elektromobilität reiche bei weitem nicht aus. Auch der Ausstieg aus den fossilen Ener-gien („Dekarbonisierung“) müssen schneller laufen. Das betreffe vor allem Öl- und Gasheizungen, Autos mit Benzin- und Diesel-motor. Die ExpertInnen halten einen Paradigmenwechsel für notwendig.
Quelle: www.expertenrat-klima.de
Bei Gebäuden und im Verkehr passiert zu wenig
Der Gebäudebereich und der Verkehrssektor verfehlten 2021 die nach dem Klimaschutz-gesetz vorgegebenen Minderungsziele für Treibhausgase. In beiden Sektoren wurde 2021 das zulässige Budget überzogen; bei Gebäuden um zwei Millionen und im Verkehrsbereich um 3,1 Millionen Tonnen CO2 äq. Die zuständigen Ministerien müssen zielführende Sofort-programme vorlegen.
Sechs Grafiken, die die Welt verändern (sollten), weil sie die globalen Treib-hausgasemissionen veranschaulichen ... siehe Hintergrund
UNEP warnt: Statt 1,5 Grad könnten es 2,8 Grad plus werden!
Der „Emissions Gap Report 2022“ der UNEP, veröffentlicht am 27. Okt. 2022, kommt nach der Überprüfung von Klimaschutzprogrammen, bereits eingeleiteten Maßnahmen und politischen Ankündigungen einer Vielzahl von Staaten zu der Prognose, dass die Erder-wärmung bis Ende des Jahrhunderts um bis zu 2,8 Grad ansteigen könnte. Derzeit befinde sich die Staatengemeinschaft nicht auf dem Weg zu dem in Paris 2015 vereinbarten 1,5 Grad-Ziel und das Zeit-Fenster schließe sich gerade. Die Zeit der kleinen Schrittchen sei vorbei. Nur eine grundlegende Transformation unserer Volkswirtschaften und Gesellschaften könne uns vor der Klimakatastrophe bewahren.
Aktuelles
Aus für neue Verbrenner ab 2035
Ende Juni 2022 schlossen sich die Umweltminister der EU-Staaten dem Vorschlag der EU-Kommission an, ab 2035 keine neuen PkW und leichten Nutzfahrzeuge mit Verbren-nungsmotor mehr zuzulassen, ausgenommen Verbrenner mit E-Fuels. Diese Linie wird sich voraussichtlich im EU-Parlament bei den Beratungen im Herbst durchsetzen.
Fridays for Future fordern 100 Mrd. Euro für den Weg aus der Klimakrise
Wieder ein Lebenszeichen von Fridays for Future! Nein, keine Großdemo und das Fest-kleben an Autobahnzubringern überlassen sie ja auch lieber der „Letzten Generation“. Es war ein Interview mit Frontfrau Luisa Neubauer in der Tagesschau, bei dem sie im Namen der FFF-Bewegung von der Bundesregierung forderte, ein Sondervermögen von 100 Mrd. Euro für Klimaschutz und den Ausbau erneuerbarer Energien bereitzustellen, eine Menge Geld also, genau in der Höhe, die der Bundeskanzler der Bundeswehr nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine zusagte.
Von der Sprecherin der Tagesschau kamen die fast schon erwartbaren Rückfragen. Etwa, ob Klimaschutz das sei, was die Leute gerade bewege. Ob neue Belastungen einen Sinn machen, wenn die Menschen Angst vor der nächsten Gasrechnung hätten. Ob bei Energieknappheit nicht jede Energiequelle angezapft werden müsse, auch Kohle und Atomkraft. Neubauer antwortete mit pro-fessioneller Freundlichkeit und mit einem Stakkato von Argumenten. Nach (gefühlt) zehn Minuten war alles vorbei und alle konnten wieder zur Tagesordnung übergehen. Auch die Medien. Macht Ex-Prinz Charles eine gute Figur nach seinem Amtsantritt als König? Hat die Ukraine neue Geländegewinne zu vermel-den?
Deutschland ist über zwei Jahrzehnte hinweg immer tiefer in die globale Klimakrise geschlittert. Ein Grund dafür ist genau die Vordergründigkeit des Umgangs mit dieser gesellschaftlichen Krise in unserem Land. Es waren nicht etwa die Klimaschützer, die Deutschland in eine gravierende Abhängigkeit von Erdöl und von russischem Erdgas geführt haben, sondern die letzten Bundes-regierungen mit Union, SPD und FDP an der Spitze. Reflexhaft und wenig weitsichtig sucht die aktuelle Bundesregierung, sprachlich oft als „Ampel“ verhunzt, neue Erdgasquellen, sei es im Senegal oder in Katar, treibt den Bau von vier Flüssiggasterminals voran, lässt Kohle-kraftwerke wieder ans Netz. Der fällige Ausstieg aus den fossilen Energien ist also aufgeschoben. Union und FDP fordern die Rückkehr zur Kernkraft, um die Grünen in die Enge zu treiben, blind für die Tatsache, dass wir in Deutschland eine Erdgaskrise haben und keine Stromkrise, dass viel zu viele Gaskessel (und Ölkessel) in den Kellern stehen, aber Deutschland seit Jahren stets mehr Strom exportiert als importiert. Den neuen, alten Atomkraftfans sei der Blick nach Frankreich empfohlen, wo der Atomstrom knapp wird, da viele marode AKWs jetzt mit enormen Summen modernisiert werden müssten. Momentan stehen dort 32 von 56 AKWs still. Tatsache ist auch, dass der Atomstrom aus neu gebauten AKWs schlicht zu teuer und nicht konkurrenzfähig ist zu Windstrom und Solar-strom aus Großanlagen. Ja, hohe Energiepreise fördern das Energiesparen und dienen so dem Klimaschutz, aber gleichzeitig sind soziale Härten für Mittel- und Geringverdiener zu vermeiden. Und speziell der Strompreis sollte natürlich nicht durch die Decke gehen, wenn eine weitreichende Elektrifizierung von Gebäudeheizungen und Verkehrsmitteln an-steht.
Die Lösungen vieler Politiker in der Klimakrise erweisen sich als Schnellschuss und bloßes politisches Kalkül zur optimalen Selbst-darstellung. Schlimmer noch: Solche medien-getriebenen Debatten zeigen in ihrer Kurz-atmigkeit auch, dass landläufig die Dramatik und Reichweite der Klimakrise noch nicht begriffen wurde. So dürfte die Politik der falschen Kompromisse, der kurzfristigen Maßnahmen und der Förderungen nach dem Gießkannen-Prinzip mit hoher Wahrschein-lichkeit weitergehen. Von der Bundes-regierung aber ist sowohl beim Klimaschutz, also bei der Vorsorge, als auch bei der Anpassung an der Klimawandel mehr zu erwarten. Da muss mehr kommen. Nicht nur mehr Geld, wobei der begrüßenswerte Vorschlag von Fridays for Future nebenbei auch die Dimension der Klimakrise augenfällig macht. Notwendig ist darüber hinaus vor allem die konsequente Ausrichtung der Bundes-politik auf das 1,5-Grad-Ziel. Auch dies wäre durchaus als eine Frage der nationalen Sicherheit zu bezeichnen. Konsequenz bedeutet in diesem Zusammenhang etwa, dass ein ständiges „Klimakabinett“ neben der bereits laufenden Stromwende auch eine Wende bei der Wärmeversorgung, im Bauwesen (Naubau und Gebäudesanierung), sowie die fällige Agrar- und Verkehrswende ernsthaft angeht, also eine rasche Reduzierung der Treibhausgase auf allen Emissionssektoren betreibt. Wie die Zielverfehlung des Bau- und Verkehrssektors hinsichtlich des Klimaschutz-gesetzes jedoch zeigt, ist die Bundesregierung noch einigermaßen weit davon entfernt, alle Ministerien und Ressorts auf Klimaschutz auszurichten und zielführende gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen; also von der konsistenten und konzentrierten Klimapolitik, die für den deutschen Beitrag zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels unabdingbar ist. Die Mehr-heit der Bevölkerung und der Bundeskanzler haben gerade andere Sorgen? Mag sein, aber die nächste Klimakatastrophe a la Ahrtal, der schleichende Schwund des Grundwassers, die Hitzetoten in unseren Städten, die Missernten auf ausgetrockneten Ackerböden, das neue Waldsterben (samt Zunahme von Wald-bränden) wird den Klimaschutz in den nächsten Jahren immer wieder ganz vorne auf die Agenda setzen. An der Klimafront sind bislang nur geringe Geländegewinne zu verzeichnen. (rk)
Nachrichten
"Bundesrechnungshof stellt deutscher Klimapolitik ein schlechtes Zeugnis aus" ... siehe Hintergrund
Weitere Informationen
"Wo steht die Windkraft heute? Der Kampf gegen und für Windmühlen" ... siehe Hintergrund
"Geothermie - das Wärmereservoir zu unseren Füßen" ... siehe Meldungen
Verbauen wir uns die Zukunft? Die CO2-Emissionen des Gebäudesektors ... siehe Hintergrund
Was ist eigentlich unter der oft genannten „Klimakrise“ zu verstehen und wie könnte die „Klimawende“ aussehen? Diesen zentralen Fragen stellt sich mein im November 2021 erschienenes Sachbuch, aus-gehend von einer Analyse der deutschen Klimapolitik des letzten Jahrzehnts.
Vorwort
Chronik der Jahre 2010 - 2020
Ausgewählte Sachbücher
Quellen und Anmerkungen
280 Seiten, 5 Abb., 9 Tab., 28 Euro
ISBN 978-3-96238-353-4
Anfragen:
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Bestellung beim Verlag:
https://www.oekom.de/buch/deutschland-in-der-klimakrise-9783962383534
Buchbesprechung:
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